10. - 19. Juni 2022

Yu-Jin Kim: Stimmen aus dem Diesseits

Still von Yu-jin Kim

Vernissage: Donnerstag, der 9. Juni 2022, 20 Uhr
Ort: Malerkapelle am Elm, Samuel-Hahnemannstraße 5, 38154 Königslutter
Öffnungszeiten: Fr.-So., 10-17 Uhr
Katalog: Hier


Mit großer Vorfreude kündigen wir die Ausstellung "Stimmen aus dem Diesseits" der Künstlerin Yu-jin Kim an.

Kim, geboren 1993 in Südkorea und katholisch erzogen und aufgewachsen, beschäftigt sich in ihrer ersten Einzelausstellung in Deutschland mit dem Verhältnis von Kirche und Glaube, Stadt und Land, und der Rolle und dem Selbstverständnis von weiblichen Gläubigen, die sie einfühlsam portraitiert hat.

Ihre Diplomarbeit "Prayer to our Father", mittlerweile aufgenommen in das Korean Film Archive, befasst sich mit den Frauen, die in einer kleinen protestantischen Gemeinde in Sangpyung den Laden am Laufen halten: Nicht nur machen sie, allesamt sechzig und älter, einen Großteil der Gläubigen aus, sondern sie sind nach dem Sonntagsgottesdienst auch noch in der Küche tätig, kochen, servieren das Essen, putzen und räumen auf. Statt des Sonntagsgebets, vorgetragen vom einzigen prominenten Mann des Kurzfilms, dem Pastor, hören wir stattdessen die Gebete dieser Kirchgängerinnen, die um Gesundheit bitten, um die Ausbreitung des Christentums, um Erfolg für ihre Kinder und fürs Vaterland. Eindrücklich zeigt der Film die Vermischung von performativer Demut, dem Selbstverständnis der, wie sie sich selbst bezeichnen, Sünderinnen, Nationalismus, und den Auswirkungen der Landflucht, durch den der Glaube zur Zuflucht jener wird, die in den zurückgelassenen Orten trotzdem immer noch nur eine untergeordnete Rolle spielen dürfen.

Im Kontrast dazu steht Kims neue Filmarbeit, die mit der Technik des Schattenpuppenspiels die Geschichte einer Frau, die Kim interviewt hat, nachzeichnet: Eine junge Ehefrau erkrankt in den Siebzigerjahren scheinbar unheilbar, und sie nimmt die lange Reise nach Seoul auf sich, um sich heilen zu lassen – von christlichen Missionaren. In poetischen, vorsichtigen Bildern erzählt der Film die Geschichte einer Annäherung über Jahrzehnte, über eine kleine, geheime Gemeinde, die die Dorfbewohner verschreckt, über patriarchale Strukturen, die überfordert sind von einer kranken, hilfsbedürftigen Frau, und die eigene Interpretation dieser Frau von der Annahme des Christentums als emanzipatorischen Akt.

Kim, selbst Agnostikerin, hält sich dabei mit ihrem eigenen Urteil zurück. Weder verurteilt noch verteidigt sie Kirche oder Glaube in ihren Arbeiten – ihr Fokus liegt darauf, das Zeugnis von Frauen über sich selbst und ihr eigenes Verhältnis zu ihrer Gemeinde, ihren Traditionen und ihrem Selbstverständnis, ernst zu nehmen, mit all den Widersprüchen, die ein Leben, verbracht in Anbetung eines importierten Heilsbringers, mit sich bringt.

Still von Yu-jin KimDas zentrale Ausstellungsstück befindet sich augenblicklich noch im Aufbau: Die Installation "Eastern Resonance", ein großes, flaches Wasserbassin, verbindet Südkorea und Deutschland auf eine ganz stille, subtile Weise: Zu genau dem Zeitpunkt, an dem in Südkorea die Glocken läuten, wird im Bassin in der Malerkapelle – die über keine eigene Glocke verfügt – eine sanfte Welle im Wasser ausgelöst.
Da die Zeiten für dieses stille Glockenläuten sich nach der koreanischen Uhr richten, sind die Öffnungszeiten dieses Mal durchaus etwas ungewöhnlich:
Am Abend der Eröffnung aktiviert sich die Installation um 23 Uhr – weshalb wir auch erst um 20 Uhr öffnen – und an allen anderen Tagen wird sie um 11 Uhr vormittags ausgelöst.

Kim führt die Aufsicht außer am 11. Juni an allen Ausstellungstagen selbst und steht für Künstlerführungen und Nachfragen zur Verfügung.

Als Begleitprogramm zur Ausstellung gibt Kim den Workshop "Trickfilme auf Papier", wo sie Interessent*innen die klassischen Animationstechniken näherbringt.
Der Workshop findet statt am 12. Juni von 14-17 Uhr. 10 Euro Teilnahmegebühr pro Person (bar mitzubringen). Der Workshop ist angelegt für Anfänger und geeignet sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.
Anmeldung bis inklusive 10. Juni unter kontakt [at] kunstverein-malerkapelle [punkt] de.

Still von Yu-jin KimTolle Bilder vom Aufbau gibt es auf Facebook und Instagram.

Die Ausstellung wird gefördert mit Mitteln des Landes Niedersachsen auf Beschluss des Niedersächsischen Landtages.



14. - 29. Mai 2022

Jenny Seib & Nicola Falco: Neue Landschaften

Foto von Jenny SeibVernissage: Freitag, der 13. Mai 2022, 18 Uhr
Ort: Malerkapelle am Elm, Samuel-Hahnemannstraße 5, 38154 Königslutter
Öffnungszeiten: Do.-Fr. von 14-18 Uhr, Sa.-So. von 10-18 Uhr

Katalog: Hier ansehen

Der Förderkreis Malerkapelle am Elm e.V. lädt ein zur Vernissage der Gemeinschaftsausstellung „Neue Landschaften“ von Jenny Seib und Nicola Falco.
Seib, geboren 1986 in Almaty, Kasachstan, und Falco, 1987 geboren in Mailand, Italien, haben über die letzten Wochen hinweg in den Räumlichkeiten der Kapelle gemeinsam ein Wandgemälde geschaffen, das sich wirklich sehen lassen kann: Mehrere Meter hoch ragt ein verschlungenes Gewebe feiner Linien, das sich erst bei näherem Hinsehen entwirrt und den prägnanten Stilen der beiden HBK-Absolventen zuordnen lässt:
Nicola Falcos Interesse gilt der Landschaftsmalerei, allerdings nicht im klassischen Panorama, sondern von oben betrachtet. Seit Jahren arbeitet der Künstler an Landkarten imaginärer, von seinen Erinnerungen an Italien und Deutschland beeinflussten Landschaften, die er gemeinsam mit Jenny Seib mit ihren Zeichnungen an der Wand verwoben hat. Außerdem präsentiert er erstmals seine Luftbilder auch in einer interaktiven digitalen Form – ein Google Maps eines Landes, das Falco zeichnerisch anlegt, und in dem das Publikum ab und an eventuell eine vertraute Ecke, einen geliebten Stadtteil wiedererkennt. Vielleicht findet ja inmitten all der Straßen und Hügel sogar jemand unsere liebe alte Malerkapelle?
Jenny Seib hingegen liebt, was andere kaum wahrnehmen: Sie ist fasziniert von den ästhetischen Eigenschaften von Schrott, Müll, den Ausuferungen der Wegwerf- und Konsumgesellschaft. Sie erkennt das erzählerische Potential der Dinge, die am Straßenrand liegen gelassen, auf Schrottplätzen entsorgt wurden. Schon häufig wurde sie für diesen ungewöhnlichen Blick auf das Übrige, das Kaputte und Angehäufte, und ihren sensiblen Umgang mit den Ausstellungsorten selbst, für Auftragsarbeiten angefragt. So findet sich etwa im Lesecafé des Naturhistorischen Museums Braunschweig eine dauerhafte Wandbemalung, die Seib eigens dafür angefertigt hat.
In der Malerkapelle experimentiert Seib, indem sie organische Elemente, Wurzeln, inspiriert von den jahrhundertealten Bäumen um den Kaiserdom, aber auch abstrakte Formen und an Street Art erinnernde farbige Elemente in ihre Wandzeichnung einbringt. So schleicht sich hie und da ein malerischer, dem Ganzen Tiefe verleihender Gestus in die sonst so feingliederige Komposition.
Zur Vernissage stößt außerdem das Künstlerduo YMAY mit dazu, das durch Gespräche mit den Künstler*innen und die Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsort eine Musik-Performance erarbeitet hat, die sie am 13. Mai der Öffentlichkeit präsentieren werden. YMAY reagieren dabei oft spontan durch Mimik, Gestik und Klänge auf die Ausstrahlung der Räumlichkeiten als auch der Menschen vor Ort.

YMAY im Web
Nicola Falcos Website


08. - 10. Oktober 2021

Gymnasium Julianum Helmstedt: Kunst aus der Quarantäne

In der ersten Ausstellung seit Beginn des Lockdowns präsentierte das Gymnasium Julianum Helmstedt Arbeiten aller Jahrgänge, die während der COVID-19-Pandemie entstanden sind, und gewährte dem Publikum damit Einblick in die kreative Verarbeitung der Quarantäne, des Masken-Mandats und der Hygienevorschriften durch eben die jungen Menschen, die bereits jetzt als die "Generation Corona" bezeichnet werden. Da war ein Fünftklässler, der Corona als zu bekämpfendes Monster darstellt, eine Elftklässlerin, die das Gefühl der Isolation im Home Schooling zu Papier bringt, und Collagen und Skulpturen, die sowohl vom Leben in der Pandemie, aber auch von Zeiten und Welten davor, danach und jenseits davon erzählen. Teils humorvoll, teils zynisch, teils aufgeladen mit der entwaffnenden Empathie junger Menschen, entdeckt man das Kollektive, den Zeitgeist, aber auch das Persönliche in den Arbeiten der Kunstschaffenden.
Die Ausstellung selbst musste aufgrund des Pandemiegeschehens lange verschoben werden und der Förderkreis Malerkapelle freute sich, endlich die Tore für diese sehr besondere Schulausstellung öffnen zu dürfen.
Die neuen Stellwände, die mit der Ausstellung debütierten, entstanden durch die freundliche Unterstützung der Braunschweigischen Sparkassenstiftung.

Es gibt einen selbst ausdruckbaren bzw. online lesbaren Mikro-Katalog zur Ausstellung, der hier bequem angeschaut und in verschiedenen Formaten heruntergeladen werden kann.

Bild von Lena Rademacher.


03. September 2021

Musikalische Lesung mit Tilman Thiemig

Der beschauliche Friedhof rund um die Malerkapelle wurde zum schaurigen Tatort. Musikalisch begleitet von seinen langjährigen Weggefährten Heinrich Römisch (Bass und Sounds) und Marcel Reginatto (Saxophon) präsentierte der Vorsfelder Autor Tilman Thiemig in lauschiger Spätsommeratmosphäre seinen Ostseekrimi Ahrenshooper Narrenspiel, den der Hinstorff Verlag wie folgt ankündigt:

Blutige Spuren und ein mysteriöses Bilderrätsel.

[...] Die Errichtung des neuen Museums nimmt Gestalt an, bald soll Richtfest gefeiert werden, zu dem sogar die Kanzlerin erwartet wird. Ebenso wie Robert Aaron Zimmermann, der sich noch immer gemeinsam mit seinem treuen Gefährten Richard Sonntag auf Erinnerungsreise durch Polen befindet. Doch dann wird in der Nähe von Wismar ein Reiterhofbesitzer auf bestialische wie pittoreske Weise ermordet. Wenig später findet eine Geschäftsfrau aus Ahrenshoop unter ähnlich sonderbaren Umständen den Tod. Und zu allem Unglück kann der psychisch gestörte Mörder, der im Frühjahr die Halbinsel in Angst und Schrecken versetzte, entfliehen. Welche Rolle spielt er bei den aktuellen Verbrechen? Beginnt abermals eine Mordserie? Und was hat das alles mit dem Hofnarren der polnischen Könige zu tun?

Thiemigs persönlicher Lieblingsheld ist Zimmermann, ein hochbetagter kanadischer Anwalt mit deutsch-jüdischen Wurzeln, den sein letzter Auftrag zurück in das Land seiner Kindheit geführt hat. Dort residiert er in der Borner Pension Kuhfuß und steuert von hier aus aber nicht nur Erbschaftsangelegenheiten, sondern bald auch, unfreiwillig einbezogen, kriminalistische Ermittlungen, die sich in beiden Fällen mehr als verwirrend gestalten. Zudem führen Spuren von der Ostseeküste ins östliche Niedersachsen, nach Königslutter, ins Reitlingstal sowie ins Schöppenstedter Till Eulenspiegel-Museum.

Die beiden Musiker und der Autor bilden eine in Jahren zusammengewachsene Erlebniseinheit, die für lebendigen Vortragsstil und eindrückliche, mitunter durchaus auch schräge Klangerlebnisse bekannt ist.

Besonderer Dank gilt dem Buchhändler Frank Kolbe, dessen Mitarbeit die Veranstaltung erst ermöglicht und der die Veranstaltung mit einem Büchertisch begleitet hat.

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann hier abgespielt werden:



Bild: Hinstorff Verlag. Video: L. Heissenberg


12. - 27. November 2019

Kristina Michalski: SPIEL

In der zweiten Ausstellung des Jahres 2019 zeigte die Malerkapelle eine Arbeitsreihe Kristina Michalskis zum Thema "Spiel".
Die Künstlerin begreift die Ausstellung als eine Hommage und nostalgische Verklärung der Kindheit.
Kristina Michalski thematisiert die Lust am Spielen, das Verlieren des unschuldigen Blicks, das schmerzliche Vermissen der Unbekümmertheit. Die Malerkapelle wird zum Archiv der Kindheit. Die Ausstellung "SPIEL" bildet ein weiteres Kapitel aus ihrem „unbestimmten Archiv“, das alle ihre Werke beinhaltet, die sie als flüchtige Augenblicke oder Momentaufnahmen versteht: Stets im Wandel, jedoch undefiniert und nur für kurze Zeit.
Kristina Michalski wurde 1984 im thüringischen Greiz geboren, wuchs bei Northeim auf und studierte in Braunschweig an der Hochschule für Bildende Künste. Sie schloss 2010 das Studium der Kunstwissenschaften mit dem Magister ab und erwarb 2011 das Diplom der Freien Kunst.
In zahlreichen Ausstellungen zeigte sie bereits ihr 'unbestimmtes Archiv', das konzeptuell auf der Verbindung von Bild und Sprache beruht.
Sie arbeitet zudem als pädagogische Mitarbeiterin, als Kunstvermittlerin im Allgemeinen Konsumverein und ist Mitglied der einRaum Galerie in Braunschweig.

Website der Künstlerin
Flyer zur Ausstellung
Eröffnungsrede von Lino Heissenberg

Bilder & Flyer von der Künstlerin zur Verfügung gestellt.


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